Im letzten Jahr setzte sich die #jufo-Community bereits mit der Frage wie umgehen mit der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) auseinander. In diesem Jahr stellte sich die Frage erneut, nun unter anderen Vorzeichen, da die AfD nun im Abgeordnetenhaus sitzt.
Diese Frage wurde auf dem #jufo-Stammtisch am 8. März intensiv und leidenschaftlich diskutiert und herausgekommen ist: Nein. Das Berliner #jufo wird die AfD nicht aktiv zur Teilnahme am #jufo17 einladen.

Dieser Entscheidung vorausgegangen ist eine intensive Diskussion, an der sich elf Initiativen* beteiligt haben. Dabei wurden sehr konzentriert Pro- und Kontraargumente ausgetauscht; der Verlauf der Diskussion soll hier kurz skizziert werden.

Aber zunächst: Worüber genau wurde hier diskutiert? Das #jufo hat zum Ziel, Jugendlichen und Politiker*innen eine Plattform für Austausch, Begegnung und den themenzentrierten politisch-gesellschaftlichen Dialog zu geben. Damit sollen Perspektiven und Anliegen der Berliner Jugend konstruktiv in die Berliner Politik eingebracht werden.

In den Vorjahren wurden dafür stets alle Abgeordneten des Berliner Abgeordnetenhauses, die Berliner Abgeordneten im Deutschen Bundestag sowie die Bezirkspolitiker*innen (Bezirksbürgermeister*innen, Stadträt*innen für Jugend und Bildung sowie die Vorsteher*innen der Bezirksvollversammlungen) über die Veranstaltung informiert und zur aktiven Teilnahme eingeladen, mit dem Ziel, in jeder Diskussionsrunde Vertreter*innen der im AGH vertretenen Parteien die Möglichkeit zu geben, Stellung zu beziehen.

Diskutiert wurde, ob die Vertreter*innen der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus (die AfD stellt keine Stadträte in den Bereichen Jugend und Bildung) aktiv zur Teilnahme am #jufo17 eingeladen werden soll. Für eine Einladung an die Vertreter*innen der AfD spreche, so die Community, dass sie Teil des Parteiensystems und gewählte Partei seien und man sie nicht einfach „unter den Tisch fallen lassen“ könne. Es wurde auch danach gefragt, ob nicht ein Teil des Dialogs bei einem Ausschluss ausbliebe sowie, ob eine Abwesenheit die besondere Stellung der Partei, die sich gerne in einer „Opferrolle“ inszeniere, noch unterstreiche.

Gleichzeitig wurde mehrmals darauf hingewiesen, dass eine konstruktive politische Diskussion mit Vertreter*innen der AfD nicht möglich sei. Diese argumentierten erfahrungsgemäß nicht mit Fakten, sondern würden andere Weltbilder heraufbeschwören, denen mit Logik kaum beizukommen sei. Zwei verhärtete Fronten würden schnell die Diskussionen blockieren – ohne dabei den konstruktiven, themenbezogenen Diskurs zuzulassen. Somit liefe das #jufo bei einer Beteiligung der AfD Gefahr, seine eigentlichen Ziele aus den Augen zu verlieren.

Das #jufo – darin waren sich alle einig – steht für Vielfalt, Demokratie und Gleichberechtigung. Demgegenüber stehen die offen rassistischen, sexistischen, anti-muslimischen und homophoben Äußerungen von AfD-Parteimitgliedern und ihr Parteiprogramm. Wir haben uns gefragt, wie eine Diskussion unter diesen Vorzeichen gelingen könne, in Kleingruppen tauschten wir uns zu dieser Frage aus – und kamen zu dem Schluss: Gar nicht. Vergangene Veranstaltungen haben wiederholt gezeigt, dass der Wunsch nach einer Diskussion auf Augenhöhe immer wieder misslingt und die AfD stattdessen die Bühne für Menschen verachtende Statements nutzt.

Eine weitere zentrale Frage lautete: Wen schließen wir von dem Event aus, wenn eine rechtspopulistische Partei anwesend ist? Die #jufo-Community ist so divers wie Berlin selbst. Sie trägt das Event seit vielen Jahren. Ein wesentlicher Grund für das zahlreiche Engagement sind Respekt und die Gewährleistung eines safe space auf dem #jufo, in dem sich alle Berliner Jugendlichen unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit, Sexueller Orientierung, Gender angstfrei einbringen können. Diesen Charakter sehen wir mit der Anwesenheit der AfD gefährdet.

Entsprechend fiel nach zweistündiger Diskussion die Entscheidung, die AfD nicht aktiv zum #jufo einzuladen. Auf dem #jufo selbst soll dies offensiv kommuniziert werden. Für die teilnehmenden Jugendlichen soll es die Möglichkeit geben, sich über die AfD und die von ihr vertretenen Positionen zu informieren. Zudem tauchte während der Diskussion wiederholt der Wunsch auf, die teilnehmenden Jugendlichen selbst entscheiden zu lassen, ob sie mit der AfD diskutieren möchten – für das 18. jugendFORUM kann dies auf dem #jufo17 abgefragt werden.

* Es diskutierten u.a. Vertreter*innen der Junge Europäische Bewegung, BUNDjugend, Junge Islam Konferenz, Muslimischen Jugend, dem Jugendmigrationsbeirat, Landesschülerausschuss Berlin, Jugendkulturzentrum DIE LINSE, Kleiner Fünf, der Stiftung wannseeFORUM und Young Voice TGD. Das Kollektiv stuhlkreis_revolte, jup Berlin, und das SV-Bildungswerk brachten sich mit schriftlichen Statements ein.

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Kommentare


Andreas Vogt

In diesem Jahr konnte ich diese Diskussion leider nicht direkt verfolgen – will aber gern zu ein paar Worte hier lassen…

Wie aus den bisherigen Diskussionen zu diesem Thema – insbesondere im letzten Jahr – bekannt, vertrete ich die sehr weitgefasste demokratische Sichtweise – siehe auch die im Text genannten Argumente – für die Teilnahme bzw. eher gegen den Ausschluss der AfD.
Ebenso (schon) im letzten Jahr wurde (für mich sehr nachvollziehbar) das Argument des sicheren raumes (im Text „safe space“ genannt) für viele Aktive und Teilnehmende diverser Kontexte angesprochen, welcher als Argument gegen die Einladung der AfD benannt wurde.
Diesem ist wenig entgegen zu setzen, da diese Unsicherheit nun einmal unmittelbare Konsequenz aus den offen(siv) vorgetragen Positionen der AfD und deren Anhängenden ist!

Damit stehen sich DIESE beiden Hauptargumente konträr ggü., so dass (selbst wenn gewollt) keine Kompromisse herstellbar sind…
…denn egal welcher Kompromiss genutzt würde – es würde immer Nachteile (= faule Kompromisse) für eine der beiden argumentierten Aspekte bleiben…
…in diesem Bewusstsein ist nur eine Entweder/Oder-Entscheidung möglich.

als Fazit bleibt für mich:
hier ist nicht nur eine abgewogene Entscheidung getroffen worden, sondern auch eine dem demokratischen Verständnis – und vor allem dem Charakter der Veranstaltung – entsprechende!

Demokratie bedeutet (u.a.) Meinungsfreiheit – als hohes Gut!
Das bedeutet allerdings auch – MeinungsVIELFALT!
Jedoch dort wo (geäußerte) Meinungen anderen hohen Gütern der Verfassung – zum Bespiel eben der Vielfalt – entgegenstehen oder gar wiedersprechen – ist (ebenso verfassungsgemäß – Art. 18) ein Ausschließen gegeben.
Insofern gilt hier der Schutz – als stärker wirkendes Argument ggü. der Gleichbehandlung von politischen Parteien (bzw. deren Mitglieder in den parlamentarischen Vertretungen und Regierungen/ Verwaltungen)! – Insbesondere, wenn somit die Intension/en der Veranstaltung nur dadurch erhalten bleibt (zumindest davon ausgegangen werden kann).

Der Kontext der hier getroffenen Entscheidung – bezieht sich ausschließlich auf das Jugendforum (jufo) – welches gerade keine Veranstaltung für bzw. von Parteien ist – sondern ein von und für KINDER und JUGENDLICHE ! Mitglieder von Parteien sind hier Gäste!
Insofern geht es in dieser Entscheidung – auch nur um den Kontext dieser Veranstaltung!
Womit diese Entscheidung nicht nur eine akzeptable sondern eben auch geRECHTfertigt ist

findet Andreas Vogt 🙂

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Projekt BEGEGNUNG

Super Entscheidung !!!
Es ist kein leichter Schritt aber ein wichtiger, Probs dafür und somit werden wir wohl auch dabei sein… Danke dafür !!!!

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